Alle Menschen bewegt dasselbe. Wir wollen dazugehören, die Welt verstehen, uns an Leib und Seele wohlfühlen, uns austauschen und einen Beitrag leisten. Wir wollen alle, dass es von Bedeutung ist, dass wir da sind. Ob man hinter dem Tresen steht und Lebensmittel ausgibt oder vor dem Tresen und Lebensmittel ausgehändigt bekommt spielt dabei keine Rolle.
Der Platz am Tisch, an dem für unsere Kunden die Lose vergeben werden und wo vermerkt wird, ob eingekauft wurde, ist in Friedrichsort, wo ich manchmal sitze, ein guter Platz. Dort ist am ehesten Zeit für Gespräche.
Mir gefällt es auch, hinter dem Tresen zu stehen und mit vollen Händen Lebensmittel ausgeben zu können. Nicht so angenehm ist es, wenn ich einer Kundin mit einem kleinen Baby nicht die Babynahrung aushändigen kann, die das Kind braucht. Oder wenn so viele Kunden da sind, dass die Ausgabe wie am Fließband funktionieren muss, um die Wartezeit der Kunden nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Es warten die Menschen ja manchmal zwei bis drei Stunden, um an der Reihe zu sein. Gespräche sind dann nicht möglich und das ist oft so.
Wenn ich Zeit für mehr als „guten Morgen“ habe, merke ich: wir hatten beide etwas davon. Am Ende eines Gespräches „danke“ zu hören oder zu sagen, macht das Leben nett. Es kann gelacht werden.
Ich habe in kleinen Gesprächen erfahren, wie sinnvoll das Loseziehen ist; dass das Warten in der Schlange auch Zeit für Freundschaften ist; dass es aber auch Geduld erfordert, wenn einer in der Reihe „nervt“ weil ihn etwas beschäftigt, was nicht alle hören mögen oder dass man froh ist über vermiedenen Streit; mit Nachsicht und dennoch Klarheit werden Drängler und „Motzer“ nebenbei „erzogen“. Ich habe Respekt vor diesem ruhigen Geschehen, denn keiner steht freiwillig dort und wartet 2-3 Stunden, bis er an der Reihe ist. Ich habe auch nebenbei erfahren, wie sehr alte Mütter ihre „flugunfähigen“, ja auch schon alten Kinder, durchbringen, wie alte Männer gelernt haben, sich selbst zu versorgen und ich habe gestaunt, wie Genügsamkeit sich nicht durch „Schnacken“ zu erkennen gibt, sondern durch Freundlichkeit und Empathie auch uns Tafel-Leuten gegenüber.
Mir gefällt der Tafelladen in der Sozialkirche, weil dort eher Gespräche stattfinden können. Kunden und Tafelmitarbeiter können sich einen Platz suchen zum Sprechen, Karten spielen, einfach nur still dasitzen, wenn einem nicht zum Schnacken zumute ist. Ich sitze gerne dort mittendrin.
Isolde Kock